Evangelische Kirchengemeinde Müncheberger Land
 

Verein für Heimatgeschichte der Stadt Müncheberg

 

 Begeistertes Wühlen im Gestern

Seit 30 Jahren gibt es den Heimatgeschichtsverein Müncheberg. Die Festveranstaltung, für Sonnabend geplant, findet zwar durch die Corona-Krise nicht statt. Doch nächste Vorhaben gibt es schon. Von Thomas Berger

Eigentlich hätte ... – so beginnen dieser Tage viele Meldungen um verschobene Veranstaltungen, abgesagte Termine. Im Fall des Müncheberger Heimatgeschichtsvereins wäre die Fortsetzung des Satzes die geplante Jubiläumsfeier gewesen, die bei vielen schon lange für diesen Sonnabend im Kalender vorgemerkt war. Ein großer, würdiger Festakt in der Stadtpfarrkirche St. Marien, der durch die Corona-Krise nun auch erst einmal nicht möglich ist. Selbst wenn die Veranstaltungsgröße generell wieder zugelassen wäre, hätten Vorsitzender Frank Geißler und seine Mitstreiter wahrscheinlich trotzdem aus Vorsicht noch abgesagt. Denn der deutlich größte Teil der Vereinsmitglieder ist bekanntermaßen schon im Seniorenalter und damit besondere Risikogruppe.

An seiner Rede für die Feier hatte Geißler zuletzt trotzdem noch gefeilt. Und war dafür im Vorfeld einmal mehr tief in die vergangenen 30 Jahre eingetaucht, um auch ein bisschen mit Zahlen und Bilanzen aufwarten zu können. Immerhin die Hälfte dieser Zeit steht er selbst schon an der Spitze, hatte 2005 die Leitung übernommen. War zuvor vieles stark persönlich auf den inzwischen verstorbenen Klaus Stieger zugeschnitten, sei es seither gelungen, die umfangreichen Aufgaben und Projekte vermehrt auf breitere Schultern zu verteilen. Geißler versteht sich ausdrücklich als Teamplayer, weiß die übrigen Vorstandsmitglieder eng an seiner Seite – eine engagierte Riege, in der jeder seine  besonderen Stärken einbringt.

©tb Vereinsvorsitzender Frank Geißler

Selbst in Corona-Zeiten wird dem umtriebigen Vereinschef nicht langweilig. „Ich sitze hier sozusagen im Homeoffice“, blickt er in seinem heimischen Büroraum um sich. Gerade habe er 5000 Dias aus dem Nachlass Stiegers digitalisiert, ein gehöriges Stück Arbeit. Drei weitere Kisten mit Material zum Sichten stehen schon bereit, fügt er an: „Insgesamt haben wir seit 2017 rund 300 Stunden in die Archivarbeiten investiert.“ Das Wir schließt in diesem Fall noch seinen Vize Ralf Dannowski und Vorstandsmitglied Christoph Bernard ein. Ein Trio mit Arbeitsteilung: Einer sitzt zur Eingabe am Computer, einer holt die Stücke heran, einer klebt die Inventarnummern auf. „Und dann müssen wir anschließend suchen, wo wir noch Platz haben“, denn das Archiv quillt sozusagen inzwischen über.

Ein kurzer Griff in einen Karton neben sich, dann hat Geißler die beiden jüngsten Broschüren in der Hand. Druckfrisch beinahe noch: „Müncheberg vom 1. Mai bis 8. Mai 1945“ lautet der eine Titel – das Thema, zu dem Christoph Bernard am 20. April einen nun ebenfalls ausgefallenen Vortrag halten wollte. Nun gibt es das Ganze ebenso gedruckt zum Nachlesen wie die umfangreichen und im Detail vielgestaltigen Rechercheergebnisse aus der DDR-Ausstellung, die derzeit – allerdings momentan ebenfalls ohne Besucher – im Vereinsdomizil hängt. Immerhin 978 Gäste konnte man in dieser besonderen Sammlung bis zum Ausbruch der Corona-Krise begrüßen, erklärt Geißler – eine stolze Bilanz.

Der Reigen an Ausstellungen ist eine der Säulen der Vereinsarbeit, die sich in den Jahren herausgebildet hat. Da sind zum einen die beiden traditionsreichen Blumenschauen: Die Rosenausstellung von Frank Sahner wird es zwar auch aus persönlichen Gründen des Akteurs nicht mehr geben, zumindest für die Dahlienschau im Spätsommer hält sich aber noch die Hoffnung. Hinzu kommt in jedem Jahr die vor allem von den Kindergruppen aus Kitas und Schule stark frequentierte Weihnachtsausstellung zu wechselnden Themen rund ums Fest. Dieses Jahr war kürzlich noch eine Osterausstellung geplant, die coronabedingt nun als erster Vereinstermin wegfallen musste – so wie im Juni die Exkursion ins Wettermuseum Lindenberg bereits gestrichen ist.

„Unser Wunsch wäre ja genügend Raum für eine ständige Ausstellung“, erklärt der Vereinsvorsitzende mit hoffnungsvollem Blick in die mittlere Zukunft. Ein richtiges Museum gehe über die Möglichkeiten hinaus, aber eine Art Heimatstube mit einem festen Grundbestand sei schon sehr gut vorstellbar, sofern es die räumlichen Kapazitäten hergeben. Geißler weiß, wovon er da spricht, war selbst beim Ausbau vieler Angebote zur Stadtgeschichte dabei, die sich der Verein zugute schreiben kann und die längst nicht mehr wegzudenken sind. Da ist die Beschilderung mit den Infotafeln zu den beiden Stadtrundgängen, einmal um die gut erhaltene und sanierte Stadtmauer und einmal quer durch den Ortsteil Müncheberg. Da ist seinerzeit das Zugänglichmachen des Berliner Torturms und davor schon im benachbarten Torwächterhaus der Aufbau der kleinen stadtgeschichtlichen Ausstellung, zu wesentlichen Teilen sein persönlicher Einsatz. Hinzu kommen noch diverse Info-Flyer, die der Verein damals zu Müncheberg für die Touristinfo gefertigt hat, die zuvor nicht über solcherlei Material verfügte.

Der Einzug in den ehemaligen Neubau der Grundschule war ein Meilenstein, blickt er zurück. Es begann 2005 mit zunächst einem Raum, im Folgejahr wurde daraus insgesamt das Vereinsdomizil. Und ungezählte Stunden haben die Mitglieder in Arbeitseinsätzen investiert, damit alles im Ausstellungsbetrieb so einladend wirkt. Unterstützung gab es von der Stadt, Kleinspendern und Sponsoren, die zum Beispiel für die Vitrinen sorgten.

Die Zahl der Stadtführungen, 1995 begonnen und gerade in der ersten Zeit von Horst Grothe getragen, lässt sich nicht mehr genau ermitteln. Wohl aber, dass es bislang (über die städtische Volkshochschule) 214 Vorträge gab: „Da haben wir gut Buch geführt.“ Er selbst, Grothe, Bernard und neuerdings auch Dannowski sind in diesen Bereichen aktiv.

Bei den Publikationen – manches nur ein Heft, manches ein richtiger Wälzer – kamen schon über 50 zusammen. Noch nicht einmal eingerechnet jene fünf Broschüren, die die inzwischen nicht mehr existierende Jugendgruppe erstellt hatte. Nachwuchsarbeit, die zeitweise erfolgreich lief, auf Dauer aber schwierig ist. Zu wenig junge Leute lassen sich nach dem Vorbild seiner Mitstreiter über längere Zeit für das Wühlen in der Stadtgeschichte begeistern. Beim „Torwächter“, dem seit 2002 erscheinenden Vereinsblatt, hat es schon 94 Nummern gegeben, dazu mehrere Sonderausgaben. Alles in allem also eine überaus reiche Bilanz, die unabhängig der aktuell ausfallenden Jubiläumsfeier für sich steht.




Wir danken dem Vorsitzenden des Vereins für Heimatgeschichte der Stadt Müncheberg e.V., Herrn Frank Geißler, für die freundliche Unterstützung unserer Arbeit durch die Bereitstellung von Bild- und Informationsmaterial.